Wahlrecht für Bürger der EU in Deutschland (KK 26.03.2012)

Aus Positionen und Beschlüsse der SPD Stuttgart
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Adressaten

Landesvorstand, Landeskommission zur Organisationsreform, Parteivorstand, Bundestagsfraktion

Beschluss der Kreiskonferenz

Partei und Bundestagsfraktion der SPD werden auf gefordert, rechtzeitig vor den nächsten Wahlen zum Bundestag ein Gesetz zu erarbeiten und zu Beratung und Beschlussfassung zu bringen, das für nachweislich dauerhaft in Deutschland wohnende Staatsangehörige anderer Länder der Europäischen Union das volle und uneingeschränkte aktive und passive Wahlrecht bei öffentlichen Wahlen auf allen Ebenen, einschließlich der Regionalwahlen und der Wahlen zu den Landtagen und zum Bundestag, sicherstellt. Abstimmung mit den anderen Mitgliedern der EU ist anzustreben. Das Inkrafttreten eines solchen europäischen allgemeinen und gleichen Wahlrechts in Deutschland soll jedoch nicht davon abhängig gemacht werden, ob, wann und wie viele andere Staaten der EU die gleichen Regelungen treffen.

Zur Begründung

Vor drei Jahren, 2008, ist europaweit das 50jährige Inkrafttreten der „Römischen Verträge“ gefeiert worden, mit denen die heutige Europäische Union gegründet wurde. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Europäische Gemeinschaft, Europäische Union ist seitdem nicht nur von den damals sechs Gründerstaaten auf heute 27 Mitgliedsländer erweitert worden, sie ist, trotz aller aktuellen Euro-Probleme, institutionell und vor allem im Lebensgefühl ihrer Bürger/ innen, immer mehr zusammengewachsen. Sie hat allen ihren Mitgliedsstaaten eine vorher auch in Europa undenkbare Epoche gesicherten Friedens und eine einzigartige Wohlstandsentwicklung gebracht. Friedlichkeit und die in der EU herrschenden Grundsätze demokratischer Willensbildung und Entscheidungsfindung bedingen aber auch, dass um weitere Schritte der Integration über nationale Eigenheiten und Egoismen hinweg immer wieder hart gerungen werden muss, dass Fortschritte im erwünschten und erstrebten Sinne immer wieder nur im Tempo der Schnecke erreicht werden können.

In Deutschland leben und arbeiten heute dauerhaft, geschätzt, zwischen 2 und 4 Millionen Bürger/innen anderer EU-Staaten. Sie haben hier ihren Lebensmittelpunkt, sie sind gute Nachbarn, sie tragen bei zu Wohlstand, Weltoffenheit, Verständigung und guter Nachbarschaft in Europa und in der Welt. Dennoch, nicht anders als in anderen Ländern der Europäischen Union, hat sich unser Land bisher nicht dazu verstanden, diesen unter uns lebenden Mit-Bürger/innen im echten Sinne volle politische Bürgerrechte einzuräumen. Wenn es darum geht, unsere Volks- und Bürgervertretungen auf den verschiedenen Ebenen, von der Kommune bis zum Bund und zur EU, zu wählen, existieren vielfach abgestufte Einschränkungen für das vornehmste aller politischen Bürger- und Beteiligungsrechte: das Wahlrecht bei öffentlichen Wahlen. Bei Kommunalwahlen heißt es Ja, bei Landeswahlen Ja/Aber, bei Bundestagswahlen Nein, bei Europa-Wahlen Ja - selbst für den oder die politisch Interessierten wird es immer schwieriger, den Überblick zu behalten.

Diese Situation wirkt sich aus bis in die interne Willensbildung der Parteien im Vorfeld der Kandidatenaufstellung und der Wahlen. Engagierte Mitglieder der SPD, die andere Staatsbürgerschaft haben, die seit Jahren bei uns wohnen und mitarbeiten, können bzw. dürfen bei Kandidatenaufstellungen zu Landes- und Bundeswahlen weder selbst kandidieren noch mitwirken - bei jedem solchen Wahlgang müssen wir skrupulös darauf achten, dass sie ausgeschlossen sind und bleiben. Im Zeitalter gemeinsamer europäischer Währung, Wirtschaft, freier Niederlassung und freien Reisens über Grenzen hinweg etc. ist dies ein schreiender Anachronismus.

Es ist an der Zeit! Wer, wenn nicht wir, sollte berufener sein, und wann, wenn nicht jetzt, eine starke und entschiedene Initiative zur Begründung eines allgemeinen und gleichen Wahlrechts für alle EU-Bürger/innen bei allen Wahlen auf allen Ebenen zu ergreifen. Und da europäische Erfahrung seit Jahrzehnten lehrt, dass nur dann etwas voran geht, wenn eine Beteiligte entschlossen voran geht, sollte eine deutsche Initiative für ein gleiches Wahlrecht für alle (EU-) Europäer nicht davon abhängig sein, dass andere gleichzeitig mitziehen. Sie sollten auch nachziehen können - und sie werden es tun!