Schwimmen für alle – keine öffentliche Subventionierung privater Anbieter (25.07.2022)
Begründung:
Was es bedeutet, wenn sich Besucher und Besucherinnen auf wenige Freibäder konzentrieren, sieht man an sonnigen Tagen im Inselbad: so voll belegt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann im Becken oder am Sprungturm etwas passiert oder eine harmlose Zurechtweisung eskaliert, wie schon in der Vergangenheit geschehen. Wären die Hallenbäder geöffnet – das Leo-Vetter-Bad als überdachtes Bad mit Liegewiese sowieso – würde sich der Andrang entzerren. Grade die Menschen, denen es eher um die regelmäßige Bewegung denn um das Sonnenbaden geht, schwimmen auch im Sommer gerne im Hallenbad. Ganz abgesehen davon, dass es auch im Sommer verregnete Sonntage gibt, wo Familien froh sind, wenn die Kinder sich im Wasser austoben können. Außerdem ist das Schwimmbad der Urlaub der Menschen, die es sich nicht leisten können, wegzufahren – ein Ort, neben Sport und Bewegung, an dem die unterschiedlichsten Menschen zusammenkommen und eine gute Zeit verbringen können. Dies ist in Zeiten von Inflation und knappen Geldes wichtiger denn je und darf nicht eingeschränkt werden.
Die Hallenbäder sind derzeit über den Sommer für die allgemeine Öffentlichkeit geschlossen. Vereine, Schulen nutzen die Wasserfläche aber eben auch private Anbieter von Schwimmkursen mieten dort für geringes Geld Bahnen und nutzen das vorhandene – öffentlich finanzierte – Material. Um die Hallenbäder für die privaten Anbieter bereitstellen zu können, braucht es städtisch angestellte Servicekräfte und technisches Personal, die dann für die privaten Kursanbieter die Halle bereithalten und in anderen Bädern fehlen. Die Energiekosten werden ebenfalls von der Stadt getragen. Eintrittsgelder fallen für die Stadt weg. Ein Preisvergleich aus den Angeboten für das Leo-Vetter-Bad: Während ein 16-stündiger städtischer Kurs 59 Euro kostete (derzeit werden keine angeboten, (https://shop.stuttgarterbaeder.de/de/bookings/block_list/course_id/167/), kostet ein privater 9stündiger Kurs 158 Euro ( https://www.aquaacademy.de/service-page/sommerintensiv-leo-vetterbad-1?referral=service_list_widget )- keine Chance für Familien mit niedrigem Einkommen. Und wie steht es um Kinder mit Handicap? Für welchen privaten Anbieter rechnet es sich, den dafür notwenigen Unterricht in Kleinstgruppen oder gar Einzelunterricht anzubieten? Dieser Zustand ist nicht tragbar. Hier werden private Kursanbieter mit Steuermitteln unterstützt, Gewinne zu erwirtschaften.
Erschwerend kommt hinzu, dass es derzeit noch eine pandemie-bedingte Bugwelle von Kindern gibt, die noch nicht schwimmen lernen konnten. Was das für die Fachkräfte in Schwimmbädern und an Badeseen bedeutet, kann man aktuell überall in der Presse lesen. Kurz: Der Bedarf ist riesig – bezahlbare städtische Angebote fehlen.
Während die Bundesrepublik darüber diskutiert, ob zukünftig die Wassertemperatur einige Grade kälter oder wärmer ist, geht es in Stuttgart um Mehr. Es geht um die Sicherstellung einer öffentlichen Grundversorgung für die Öffentlichkeit und nicht zur Gewinnmaximierung von Privatanbietern.
Die Gemeinderatsfraktion wird deshalb aufgefordert sich für folgende Forderungen einzusetzen:
Städtische Hallenbäder gehören den Menschen: der Öffentlichkeit, für städtische Schwimmkurse, Schulen und Vereine. Hier muss ein ausgewogener Belegungsplan erstellt werden, der möglichst allen gerecht wird (z.B. frühe Morgen- oder späte Abendstunden, die für Schwimmkurse unattraktiv sind, für die allgemeine Öffentlichkeit bereithalten).
Hallenbäder müssen ganzjährig für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Schulen sollen die städtischen Schwimm-Kursleitenden in ihr Sport-Konzept aufnehmen: als zusätzliche Expertise, Erfahrung und zur Entlastung des Lehrpersonals. Oberste Priorität: Kinder müssen schwimmen lernen – egal, ob im Sport-Unterricht oder als AG.
Um in der Hochsaison die Sicherheit in den Freibädern gewährleisten zu können, soll die Stadt Vorschläge erarbeiten, wie die Einlasszahlen kontrolliert werden können.
Freie Bahn-Zeiten können von privaten Anbietern genutzt werden: zu einer höheren Bahn-Miete als die gemeinnützigen Vereine oder Schulen.
Private Anbieter müssen der Stadt Zertifizierungen nachweisen, die den qualitativen Standards der städtischen Kurse entsprechen.
Der Fachkräftemangel ist hausgemacht:
a) Die Stadt soll den Einsatz des bestehenden Fachpersonals überprüfen und die Kriterien offenlegen, nach denen es eingesetzt wird: Heißt es hier wirklich immer „Kinder zuerst“ oder ist dann vielleicht doch die Fachkraft beim Sauna-Wedeln wichtiger?
b) Wer angemessen bezahlt wird, kommt und bleibt auch gerne. Fachangestellte sollen mindestens mit EG-8 vergütetet werden. https://stuttgart.bewerbung.dvvbw.de/7749-fachangestellte-r-fuer- baederbetriebe-m-wd/de/job.html
Wir fordern das Sportamt Stuttgart auf, die Bewerbung von privaten Anbietern über das städtische Portal „Schwimmfit“ zu unterlassen.