Wahlfälschung in der EU (15.07.2013)
Adressaten
SPD Bundestagsfraktion, SPD MdEPs aus Baden-Württemberg
Antrag das Fälschen von Wahlen in einem EU Staat aus einem anderen EU Staat heraus als Straftat grenzüberschreitender Dimension gemäß Artikel 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu definieren
Beschluss
Das Europäische Parlament und der Rat werden aufgefordert das Fälschen von Wahlen eines EU Staates aus einem anderen EU Staat heraus als Straftat grenzüberschreitender Dimension gemäß Artikel 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu definieren.
Alternativ ist auf deutscher Ebene eine Ergänzung der §§6 StGB und 108d StGB mit dem Zweck Parlamentswahlen von EU Staaten in den Geltungsbereich der §§ 107 bis 108c StGB aufzunehmen zu prüfen.
Begründung
Es ist bislang nicht strafbar Wahlen in Deutschland zu behindern, zu fälschen oder zu beeinflussen, solange es sich nicht um Wahlen zum europäischen Parlament, Wahlen in Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden oder Urwahlen in der Sozialversicherung handelt.
Beispiel: 2008 kandidierte der Italiener Nicola Di Girolamo für einen Platz im italienischen Senat als Vertreter für den „Wahlkreis Europa“ (Bei italienischen Parlamentswahlen können auch Auslandsitaliener wählen. Dabei wählen sie aber nicht - wie in Deutschland - für den letzten Wahlkreis in dem sie gewohnt haben, sondern es sind Wahlkreise für verschiedene Weltregionen definiert worden).
Di Girolamo war damals ein unbekannter Politiker und gewann die Abstimmung dank einer groß angelegten Wahlfälschung in deren Rahmen u.a. in Deutschland (Fellbach bei Stuttgart) tausende blanko Briefwahlunterlagen von wahlberechtigten Italienern gekauft wurden, um sie nach entsprechender Bearbeitung nach Italien zu schicken.
Erst nach fast zwei jähriger Tätigkeit Di Girolamos als Senator wurde der Fall aufgedeckt. Di Girolamos Immunität wurde 2010 aufgehoben. Dies geschah jedoch ausschließlich aufgrund italienischer Ermittlungen. Deutsche Behörden hätten bereits die Wahl Di Girolamos verhindern können, dürfen aber in solchen Fällen nicht eigenständig aktiv werden, da kein Straftatbestand nach deutschem Recht vorliegt. Eine Rechtsanpassung hat es nach diesem Fall bislang nicht gegeben.
Rechtshilfegesuche aus dem Ausland benötigen zu viel Zeit, als dass ein rechtzeitiges Eingreifen der Polizei noch möglich wäre. Dies gilt insbesondere, da die Staatsanwaltschaft in einem EU Staat zunächst von Verdachtsmomenten für Briefwahlfälschungen in einem anderen Staat erfahren muss, bevor sie ein Rechtshilfegesuch stellen kann.
Zweck der Gesetzesänderung ist es deutschen Behörden zu ermöglichen eigenständig Ermittlungen in entsprechenden Verdachtsfällen aufzunehmen, ohne ein Rechtshilfegesuch des entsprechenden Staates abwarten zu müssen. Dadurch können Fälschungen von Wahlen von EU Staaten schneller und häufiger aufgedeckt oder auch direkt verhindert werden.
Es gibt zwei Möglichkeiten dieses Ziel zu erreichen:
1. Anpassung des StGB: In den §§ 107 bis 108c StGB ist die Strafbarkeit von Wahlfälschungen beschrieben. In § 108d StGB ist die Anwendbarkeit der §§ 107 bis 108c StGB geklärt. Dieser Paragraph müsste erweitert werden um auch das Fälschen von Briefwahlen anderer EU Staaten unter Strafe zu stellen. Da nach geltender Rechtsprechung des BGH derzeit Wahlfälschungen ausländischer Wahlen als Straftat im Land der Wahl angesehen werden, unabhängig davon, wo der Stimmzettel ausgefüllt wurde, muss dafür zusätzlich der §6 StGB angepasst werden. § 6StGB legt Straftaten fest, welche auch dann in Deutschland strafbar sind, wenn sie im Ausland begangen wurden.
2. Auf EU Ebene Das Europäische Parlament und der Rat müssten das Fälschen von Wahlen eines EU Staates aus einem anderen EU Staat heraus als Straftat grenzüberschreitender Dimension gemäß Artikel 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definieren. Gegebenenfalls sind zudem durch Richtlinien Mindestvorschriften festzulegen, damit eine Harmonisierung der Straftatbestände erfolgt.
Der zweiten Möglichkeit ist dabei Vorrang zu geben, da durch die Verankerung auf EU Ebene – mögliche Vorwürfe der Einmischung in interne Angelegenheiten entfallen – das Problem für alle EU Staaten gleichzeitig und nicht nur für Deutschland gelöst wird.