Schuldenbremse: Die Zukunft gerecht gestalten geht nur mit einer starken öffentlichen Infrastruktur
Sozialdemokratische Politik verspricht die Lebensverhältnisse aller Menschen – unabhängig von Herkunft, Bildung, persönlichen finanziellen Verhältnissen, Weltanschauung und Familienmodell – zu verbessern. Mit diesem Versprechen konnte die SPD zur Partei für soziale Gerechtigkeit und Fortschritt werden und sich über 160 Jahre behaupten. Es ist Zeit dieses Versprechen angesichts der gegenwärtigen geopolitischen und strukturellen Herausforderungen und schlechten Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zu erneuern.
Bildung, Mobilität, bezahlbarer Wohnraum, Energieversorgung, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, Kultur oder Sport – all das gehört einkommensunabhängig zu einem guten Leben dazu. Dies definieren wir als Teil der staatlichen Daseinsvorsorge. Diese Gemeingüter sind weder individuell oder privat zu finanzieren noch bereitzustellen. Sie funktionieren nur durch gemeinschaftliche Organisationsformen der Kommunen, der Länder und des Bundes. Und von keinem anderen Modell der Organisation dieser Bereiche profitieren alle Bürgerinnen und Bürger so unmittelbar.
Große ökologische und ökonomische Umwälzungen fordern unsere Wirtschaft und Gesellschaft heraus. Kriege im Nahen Osten, in der Ukraine und weitere sowie weltweite Krisen, teils direkte Auswirkungen des Klimawandels verunsichern und erhöhen den Handlungsdruck. Um diesen Krisen jetzt zu begegnen braucht es einen handlungsfähigen Staat. Das Klima und die wirtschaftliche Transformation warten nicht auf bessere Haushaltslagen.
In den letzten Jahrzehnten wurde unter dem fiskalpolitischen Dogma des Konsolidierens öffentlicher Haushalte viel zu wenig in die öffentliche Daseinsvorsorge investiert. Die Infrastruktur wurde auf Verschleiß gefahren. Wir müssen jetzt investieren, wenn wir unsere Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig und generationengerecht aufstellen wollen. Wir brauchen eine moderne, digitale Infrastruktur, einen Sozialstaat, der absichert und Bildungssysteme, die Spitzenausbildung ermöglichen.
An den Schulen fehlen Personal und moderne Ausstattung, die Verkehrswende kommt nicht in Fahrt, die Zahl der geförderten Wohnungen wurde in den letzten 20 Jahren fast halbiert. Allein in Baden-Württemberg fehlen 250.000 Wohnungen, ein Großteil davon im preisgedämpften Segment. KiTa und Pflegeplätze sind Mangelware, Schwimmbäder müssen schließen und das Land hängt bei der Digitalisierung in vielen Bereichen hinterher. Ausgabereste im Bundes- und Landeshaushalt und der Kommunen sprechen dafür, dass selbst vorhandene Gelder aufgrund der Auslastung der öffentlichen Verwaltungen nicht abfließen. Dies alles trifft insbesondere diejenigen, die über wenig Einkommen verfügen und nicht auf privatfinanzierte Alternativen ausweichen können. Es trifft die nachkommenden Generationen, denen wir einen immer größer werdenden Berg an maroder Infrastruktur und nicht funktionierendem Gemeinwesen hinterlassen. Der bundesweite Investitionsbedarf beträgt mindestens 600 Mrd. Euro in den kommenden 10 Jahren.
Ohne eine Reform der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse werden diese Investitionen nicht getätigt werden können – dies geht vor allem zulasten von einkommensschwächeren Bevölkerungssegmenten und kommende Generationen.
Investitionen ermöglichen erfordert konkrete Maßnahmen
Eine Veränderung der Regularien der Schuldenbremse ist Voraussetzung für überfällige Investitionen und die Infrastruktur und staatliche Daseinsvorsorge. Ausbleibende Investitionen verschärfen die soziale Ungleichheit und gehen zulasten kommender Generationen.
Wir beantragen deshalb:
- eine umfassende Investitionsoffensive des Bundes und der Länder in die Zukunft der Bundesrepublik. z.B. in Verkehrs- und Energieinfrastruktur, Gesundheitsversorgung, Schulgebäude, KiTas, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, preisgedämpften Wohnraum, Kultur und Sport.
- dass die SPD sich für eine weitreichende Änderung der Schuldenbremse einsetzt, die ermöglicht, dass beispielsweise umfangreiche zweckgebundene Sondervermögen für oben genannte Felder der Infrastruktur und Daseinsvorsorge aufgenommen werden können. Dafür ist eine Streichung der Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form aus dem Grundgesetz notwendig.
- Eine Haushaltspolitik, die Investitionen in Zukunftsbereiche ermöglicht und dafür sowohl jetzige als auch zukünftige Steuerzahlergenerationen über Kredite an den Sonderausgaben beteiligt.
- Nicht durch den Haushalt gedeckte Investitionen sollen zunächst im Rahmen der heutigen rechtlichen Möglichkeiten finanziert werden, beispielsweise durch Fondslösungen, Sondervermögen, öffentliche Investitionsgesellschaften.
- Zugleich braucht es eine Personaloffensive für z.B. mehr Lehrer:innen, Pflegekräfte, Polizist:innen, öffentliche Verwaltungen, damit die Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht nur finanziert sondern auch umgesetzt werden können.